(1) Die Inbetriebnahmegenehmigung kann beantragt werden von 1. Eisenbahnen, 2. Haltern von Eisenbahnfahrzeugen oder 3. Herstellern von Eisenbahnfahrzeugen.
Der Antrag und die zur Prüfung erforderlichen Unterlagen nach § 9 Absatz 1 Satz 3 sind dem Eisenbahn-Bundesamt schriftlich in deutscher Sprache vorzulegen.
(2) Das Eisenbahn-Bundesamt bestätigt dem Antragsteller innerhalb von vier Wochen nach Vorlage der Antragsunterlagen deren Vollständigkeit und Prüffähigkeit. Anschließend prüft es die Antragsunterlagen auf Nachvollziehbarkeit und entscheidet spätestens innerhalb von zwölf Wochen nach Ablauf der in Satz 1 genannten Frist über den Antrag. Stellt das Eisenbahn-Bundesamt vor Ablauf der jeweiligen Frist Mängel an den Unterlagen fest, hat es dem Antragsteller Gelegenheit zur Beseitigung zu geben. Im Fall des Satzes 3 ist die Frist nach Satz 1 oder 2 bis zur Beseitigung der Mängel gehemmt.
(3) Hat das Eisenbahn-Bundesamt begründete Zweifel an der Erfüllung der grundlegenden Anforderungen, kann es vor der Entscheidung über die Erteilung der Inbetriebnahmegenehmigung verlangen, dass der Antragsteller ergänzende Prüfungen durchführen lässt und das Ergebnis dieser Prüfungen vorlegt. Wenn begründete Zweifel zur EG-Prüferklärung nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 Buchstabe a vorliegen, unterrichtet das Eisenbahn-Bundesamt die Kommission unverzüglich unter Angabe der Gründe nach Artikel 19 Absatz 3 der Richtlinie 2008/57/EG, welche ergänzenden Prüfungen durchzuführen sind.
(4) Begründete Zweifel liegen insbesondere vor, wenn vor der Erteilung der Inbetriebnahmegenehmigung 1. bekannt ist, dass bei dem zu genehmigenden Bestandteil des Eisenbahnsystems oder bei einem Bestandteil des Eisenbahnsystems, der mit dem zu genehmigenden hinsichtlich der Bauweise und Funktion vergleichbar ist, die Voraussetzungen vorliegen, unter denen die zuständige Aufsichtsbehörde Maßnahmen nach § 5a Absatz 2 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes treffen kann, oder 2. Erkenntnisse vorliegen über die mangelhafte Aufgabenwahrnehmung a) durch benannte oder bestimmte Stellen, die eine Rücknahme nach § 36 Absatz 1 oder einen Widerruf nach § 36 Absatz 2 rechtfertigen können, oder b) durch Bewertungsstellen, die Maßnahmen nach Artikel 11 Absatz 2 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 402/2013 rechtfertigen können.
(5) Erkenntnisse nach Absatz 4 Nummer 2 bedeuten nur dann begründete Zweifel, wenn im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung einer Inbetriebnahmegenehmigung 1. die benannte Stelle eine Bescheinigung über die Konformität mit den jeweiligen Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität, 2. die bestimmte Stelle eine Bescheinigung über die Konformität mit den entsprechenden notifizierten technischen Vorschriften oder 3. die Bewertungsstelle einen Sicherheitsbewertungsbericht
erstellt hat.
(6) Der Antragsteller hat dem Eisenbahn-Bundesamt zusätzlich zu dem Antrag auf Erteilung der Inbetriebnahmegenehmigung eine Liste der nach § 6 anzuwendenden Vorschriften vorzulegen. In diese Liste sind etwaige Abweichungen von den Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität sowie den entsprechenden notifizierten technischen Vorschriften und, soweit erforderlich, den technischen Vorschriften aufzunehmen und zu begründen. Gleichzeitig sind die stattdessen anzuwendenden Vorschriften anzugeben oder Nachweise über die Gewährleistung der mindestens gleichen Sicherheit zu führen.
(7) Erforderliche Änderungen der Liste nach Absatz 6 hat der Antragsteller unverzüglich vorzunehmen und die Liste dem Eisenbahn-Bundesamt vorzulegen. Hinsichtlich des Teilsystems fahrzeugseitige Zugsteuerung, Zugsicherung und Signalgebung sind die anzuwendenden Vorschriften und Prüfgrundlagen in Form der jeweils zugrunde gelegten Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität und der projektspezifischen Konkretisierung der notifizierten technischen Vorschriften darzulegen.
(8) Werden innerhalb eines strukturellen Teilsystems mehrere gesonderte Teilprüfungen vorgenommen und dafür verschiedene Stellen eingesetzt, hat der Antragsteller die Teilprüfungen zusammenzuführen und deren Kohärenz sicherzustellen. Dafür kann er eine Stelle beauftragen.