I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand
a) Objekt: Tod eines anderen Menschen
Der Täter muss den Tod eines anderen Menschen herbeigeführt haben. Geschützt wird demzufolge ein lebender Mensch im strafrechtlichen Sinn, dh. vom Beginn des Geburtsvorganges an (Einsetzen der Eröffnungswehen oder Öffnung des Uterus) bis – nach jetzigem wissenschaftlichen Kenntnisstand - zum endgültigen Absterben des Gesamthirns1BGH v. 7. 12. 1983 – 1 StR 665/83; BGHSt 32, 194 (196 f.); D. Sternberg-Lieben JA 1997, 80 (82)
b) Handlung: Töten
Töten ist die Verursachung des Todes. Gleichgültig ist es, ob dies durch Lebensverkürzung eines gesunden Menschen oder Sterbebeschleunigung eines bereits kranken oder Moribunden erfolgt.
2BGHSt 21, 61.c) Mordmerkmale der 2. Gruppe
(1) Heimtücke
Nach ständiger Rspr. handelt heimtückisch, wer bei der Tötung die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst ausnutzt. Außerdem hat die Rspr. als zusätzliche einschränkende Komponente die „feindliche Willensrichtung“ eingeführt. In der Strafrechtswissenschaft wird dagegen überwiegend ein Missbrauch von Vertrauen vorausgesetzt.3BGHSt 2, 60, 61; 3, 330, 332; BGHSt 20, 301, 302; BGH NStZ 1995, 230, 231; Mitsch in: Leipold/Tsambikakis/Zöller, Anwaltkommentar StGB, 2. Aufl. 2015, § 211 Mord, Rn. 47; Lackner/Kühl StGB, 28. Aufl. 2014, § 211 Rn. 6; Otto JR 91, 382; Rengier MDR 80, 1, 4; Mitsch JuS 96, 213.
Arglos ist das Opfer, wenn es sich zur Tatzeit eines Angriffs auf sein Leben allgemein oder von Seiten des Täters nicht versieht, also die allgemeine Erwartung hegt, es werde ihm von dessen Seite nichts Arges zustoßen.4BGHSt 32, 382; BGHSt 27, 322; BGHSt 39, 353, 368; BGHSt 41, 72, 79; NStZ 09, 569, 570; Mitsch in: Leipold/Tsambikakis/Zöller, Anwaltkommentar StGB, 2. Aufl. 2015, § 211 Mord, Rn. 48; Lackner/Kühl StGB, 28. Aufl. 2014, § 211 Rn. 7.
Wehrlos ist das Opfer, wenn es infolge der Arglosigkeit bei rechtzeitiger Wahrnehmung der drohenden Gefahr schlechtere Verteidigungs- oder Fluchtmöglichkeiten oder die Chance auf Beistand von Dritten gehabt hätte.5BGHSt 20, 301, 303; BGH NJW 1964, 1578, 1579; Mitsch in: Leipold/Tsambikakis/Zöller, Anwaltkommentar StGB, 2. Aufl. 2015, § 211 Mord, Rn. 54; Lackner/Kühl, 28. Auflage München 2014, § 211 Rdn. 8.
(2) Grausamkeit
Grausam tötet, wer seinem Opfer in gefühlloser, unbarmherziger Gesinnung Schmerzen oder Qualen körperlicher oder seelischer Art zufügt, die nach Stärke oder Dauer über das für die Tötung erforderliche Maß hinausgehen. Entscheidend ist, dass objektiv erhebliche Schmerzen und Qualen zugefügt werden.
6BGHSt 3, 180, 264; Küpper JuS 2000, 225, 228.(3) Gemeingefährlich
Gemeingefährlich ist ein Mittel, wenn es eine Gefahr für eine unbestimmte Anzahl anderer Personen mit sich bringt. Dies ist jedoch nicht im Falle des Ausnutzens einer bereits vorhandenen gemeingefährlichen Situation gegeben.
7BGHSt 34, 13.d) Kausalität
Eine Handlung ist nach der conditio-sine-qua-non-Formel kausal, wenn sie nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele.
8RGSt 1, 373; BGHSt 1, 332.e) Objektive Zurechnung
Dem Täter ist ein von ihm verursachter Taterfolg nur dann objektiv zuzurechnen, wenn er eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen hat, die sich im tatbestandlichen Erfolg realisiert hat und nicht völlig außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung liegt.9OLG Karlsruhe NJW 1976, 1853; Rengier, StrafR AT, 5. Auflage München 2013, § 13 Rdn. 46.
2. Subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz bzgl. der objektiven Tatbestandes einschließlich Mordmerkmale der 2. Gruppe
Vorsatz ist der Wille zur Verwirklichung eines Straftatbestandes in Kenntnis aller seiner objektiven Tatumstände.
10BGHSt 19, 295, 298; BGHSt 36, 1, 9 f.; BGHSt 51, 100, 119; Wessels/Beulke/Satzger, StrafR AT, 43. Auflage Heidelberg 2013, Rn. 203.b) Mordmerkmale der 1. und 3. Gruppe
(1) Mordlust
Aus Mordlust tötet der Täter, wenn es ihm darauf ankommt, einen Menschen sterben zu sehen, wenn er aus Mutwillen, aus Angeberei oder aus Zeitvertreib tötet, die Tötung als nervliche Stimulans oder „sportliche Vergnügung“ betrachtet.
11BGHSt 34, 60; BGH NStZ 1994, 239.(2) Befriedigung des Geschlechtstriebs
Zur Befriedigung des Geschlechtstriebs tötet neben dem sog. Lustmörder, der schon im Tötungsakt geschlechtliche Befriedigung sucht, und demjenigen, der seine Geschlechtslust an der Leiche befriedigen will, auch der mit bedingtem Tötungsvorsatz handelnde Sexualverbrecher, der im Interesse eines ungestörten Geschlechtsgenusses Gewalt anwendet und dabei den Tod des Opfers als mögliche Folge seines Verhaltens in Kauf nimmt.
12BGH GA 1963, 84; BGHSt 50, 80-93; BGHSt 7, 353; BGHSt 19, 101; Mitsch in: Leipold/Tsambikakis/Zöller, Anwaltkommentar StGB, 2. Aufl. 2015, § 211 Mord, Rn. 20.(3) Habgier
Habgier ist das ungewöhnliche, ungesunde und sittlich anstößige Steigerung des Erwerbssinns bzw. das ungezügeltes und rücksichtslose Gewinnstreben um jeden Preis, auch um den eines Menschenlebens. Es muss also ein Streben nach materiellen Vorteilen vorliegen, das in seiner Hemmungslosigkeit und Rücksichtslosigkeit das erträgliche Maß weit übersteigt. Dabei muss das Gewinnstreben nicht das einzige, aber das bewusstseinsdominante Motiv sein.
13BGH NJW 2001, 763; Lackner/Kühl/Kühl StGB, 28. Aufl. 2014, § 211 Rn. 4; Fischer StGB, 64. Aufl. 2017, § 211 Rn. 10.(4) niedriger Beweggrund
Ein sonstiger niedriger Beweggrund für das Töten liegt vor, wenn die Motivation des Täter sich nicht nur als verwerflich darstellt, sondern sittlich auf tiefster Stufe stehend und als besonders verachtenswert erscheint.14BGHSt 3, 180; BGHSt 42, 226; BGHSt 47, 128; BGHSt 2, 63; Gössel/Dölling-StGB, BT I, München 2004, § 4 Rn. 24.
(5) Ermöglichungsabsicht
Tötung in Ermöglichungsabsicht gemäß § 211 Abs. 2 StGB setzt voraus, dass es dem Täter zielgerichtet darauf ankommt, durch sein Vorgehen eine andere Tat zu fördern. Die Verwirklichung des Mordmerkmals hängt nicht davon ab, dass der Täter die Tötung als unerlässliches Mittel zur Ermöglichung der Bezugstat erachtet. Eine wesentliche Erleichterung der Tatbegehung oder Steigerung der Erfolgsaussichten genügt.15BGH NStZ 96, 81; BGH v. 9. 3. 1993 – 1 StR 870/92, BGHSt 39, 159, 161; BGHSt 45, 211, 217; Mitsch in: Leipold/Tsambikakis/Zöller, Anwaltkommentar StGB, 2. Aufl. 2015, § 211 Mord, Rn. 72.
(6) Verdeckungsabsicht
In Verdeckungsabsicht handelt, wer zielgerichtet die Auf- oder Entdeckung einer anderen Straftat oder des Täters oder Teilnehmers an der Tat verhindern will.16BGHSt 41, 8; BGHSt 56, 239, 244, BGH NStZ-RR 1997, 132; Lackner/Kühl StGB, 28. Aufl. 2014, § 211 Rn. 12; Mitsch in: Leipold/Tsambikakis/Zöller, Anwaltkommentar StGB, 2. Aufl. 2015, § 211 Mord, Rn. 73.
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
IV. Ergebnis
Quellen:
[1] BGH v. 7. 12. 1983 – 1 StR 665/83; BGHSt 32, 194 (196 f.); D. Sternberg-Lieben JA 1997, 80 (82)
[2] BGHSt 21, 61.
[3] BGHSt 2, 60, 61; 3, 330, 332; BGHSt 20, 301, 302; BGH NStZ 1995, 230, 231; Mitsch in: Leipold/Tsambikakis/Zöller, Anwaltkommentar StGB, 2. Aufl. 2015, § 211 Mord, Rn. 47; Lackner/Kühl StGB, 28. Aufl. 2014, § 211 Rn. 6; Otto JR 91, 382; Rengier MDR 80, 1, 4; Mitsch JuS 96, 213.
[4] BGHSt 32, 382; BGHSt 27, 322; BGHSt 39, 353, 368; BGHSt 41, 72, 79; NStZ 09, 569, 570; Mitsch in: Leipold/Tsambikakis/Zöller, Anwaltkommentar StGB, 2. Aufl. 2015, § 211 Mord, Rn. 48; Lackner/Kühl StGB, 28. Aufl. 2014, § 211 Rn. 7.
[5] BGHSt 20, 301, 303; BGH NJW 1964, 1578, 1579; Mitsch in: Leipold/Tsambikakis/Zöller, Anwaltkommentar StGB, 2. Aufl. 2015, § 211 Mord, Rn. 54; Lackner/Kühl, 28. Auflage München 2014, § 211 Rdn. 8.
[6] BGHSt 3, 180, 264; Küpper JuS 2000, 225, 228.
[7] BGHSt 34, 13.
[8] RGSt 1, 373; BGHSt 1, 332.
[9] OLG Karlsruhe NJW 1976, 1853; Rengier, StrafR AT, 5. Auflage München 2013, § 13 Rdn. 46.
[10] BGHSt 19, 295, 298; BGHSt 36, 1, 9 f.; BGHSt 51, 100, 119; Wessels/Beulke/Satzger, StrafR AT, 43. Auflage Heidelberg 2013, Rn. 203.
[11] BGHSt 34, 60; BGH NStZ 1994, 239.
[12] BGH GA 1963, 84; BGHSt 50, 80-93; BGHSt 7, 353; BGHSt 19, 101; Mitsch in: Leipold/Tsambikakis/Zöller, Anwaltkommentar StGB, 2. Aufl. 2015, § 211 Mord, Rn. 20.
[13] BGH NJW 2001, 763; Lackner/Kühl/Kühl StGB, 28. Aufl. 2014, § 211 Rn. 4; Fischer StGB, 64. Aufl. 2017, § 211 Rn. 10.
[14] BGHSt 3, 180; BGHSt 42, 226; BGHSt 47, 128; BGHSt 2, 63; Gössel/Dölling-StGB, BT I, München 2004, § 4 Rn. 24.
[15] BGH NStZ 96, 81; BGH v. 9. 3. 1993 – 1 StR 870/92, BGHSt 39, 159, 161; BGHSt 45, 211, 217; Mitsch in: Leipold/Tsambikakis/Zöller, Anwaltkommentar StGB, 2. Aufl. 2015, § 211 Mord, Rn. 72.
[16] BGHSt 41, 8; BGHSt 56, 239, 244, BGH NStZ-RR 1997, 132; Lackner/Kühl StGB, 28. Aufl. 2014, § 211 Rn. 12; Mitsch in: Leipold/Tsambikakis/Zöller, Anwaltkommentar StGB, 2. Aufl. 2015, § 211 Mord, Rn. 73.