A.Anspruchsvoraussetzungen
I.Handeln in Ausübung eines öffentlichen Amtes
1.Öffentlich-rechtliche Tätigkeit
funktionell als öffentlich-rechtlicher Tätigkeitsbereich zu verstehen
2.Amtswalter
Beamter im haftungsrechtlichen Sinne ist, wer in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes, nämlich in Wahrnehmung der ihm übertragenen öffentlichen Aufgabe unter Einsatz hoheitlicher Befugnisse tätig wird.
1BGH, Urteil vom 14. Oktober 2004 - III ZR 169/04 - BGHZ 161, 6, 10.Ein Amtswalter ist jemand, der mit Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben betraut (Beamter im haftungsrechtlichen Sinn) ist
2Sachs/Bonk Das Grundgesetz, 6. Auflage, München 2011, Art. 34 Rdn. 57; Beck'scher Onlinekommentar-GG/Grzeszick, 19. Edition 2013, Art. 34 Rn. 5; BGH NJW 1992, 2882ff; Zimmerling in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 839 BGB, Rn. 58.Private sind dann Amtswalter, wenn es sich um Beliehene oder Verwaltungshelfer handelt
Ein Beliehener ist eine natürliche oder juristische Person, die Befugnisse der Verwaltung übertragen bekommen hat, um öffentliche Aufgaben in eigenem Namen zu erfüllen.
3BVerwG, Urteil vom 26.08.2010 - 3 C 35.09; Schmidt am Busch, in: DÖV 2007, 533.Verwaltungshelfer ist, wer unselbständige Hilfstätigkeiten im Auftrag und nach Weisung einer Behörde übernimmt.
4Pautsch in: Pautsch/Hoffmann, VwVfG, 1. Aufl. 2016, § 1 Anwendungsbereich, Rn. 51.(P) Tätigkeit von selbstständigen privaten Unternehmern?
Früher wurde die Werkzeugtheorie vertreten.
Nach der Werkzeugtheorie handelt derjenige in Ausübung eines öffentlichen Amtes, der als privater Unternehmer derart den Weisungen der Behörde unterworfen ist, dass er als deren Werkzeug erscheinen muss.
5BGH, 21.01.1993 - III ZR 189/91Heute wird die modifizierte Werkzeugtheorie vertreten.
Nach der modifizierten Wekzeugtheorie handelt ein Unternehmer öffentlich–rechtlich, wenn der hoheitliche Charakter der Aufgabe im Vordergrund steht, die Verbindung zwischen der übertragenen Tätigkeit und der von der Behörde zu erfüllenden Aufgabe eng und der Entscheidungsspielraum des Unternehmers begrenzt ist.
6BGHZ 121, 161.3.In Ausübung
Die schädigende Handlung muss in einem äußeren und inneren Zusammenhang mit der Amtsausübung stehen, sie darf sich nicht nur bei Gelegenheit ereignen.
7BGHZ 11, 181, 185; BGHZ 124, 15, 19; BGH NJW 2002, 3172-3174.II.Verletzung einer drittbezogenen Amtspflicht
Eine Amtspflichtverletzung liegt vor, wenn ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt (§ 839 BGB). Der Begriff der Amtspflicht ist weit gefasst und kann sich aus dem Unionsrecht- und Verfassungsrecht, aus Gesetzen, Rechtsverordnungen, Sätzen, aus dem Gewohnheitsrecht und aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen sowie aus allgemeinen Dienst- und Verwaltungsvorschriften und Weisungen und Befehlen ergeben.
8Beck'scher Onlinekommentar-BGB/Reinert, 30. Edition, München 01.02.2014, § 839 Rdn. 35; BGH 18, 366, 368; BGH VersR 2009, 396, 397; T. Mayen in: Erman, BGB, 14. Aufl. 2014, § 839 BGB, Rn. 48.Amtspflicht muss Amtsträger zumindest auch im Interesse des Einzelnen und nicht allein im Interesse der Allgemeinheit auferlegt sein
Nach der Schutznormtheorie gewährt eine Norm gewährt subjektives-öffentliches Recht, wenn sie zumindest auch dem Schutz von Individualinteressen zu dienen bestimmt ist.
III.Verschulden, § 276 Abs. 1, S. 1 BGB
§ 276 Abs. 1 S. 1 BGB setzt objektiven Verschuldensmaßstab fest; maßgeblich ist der pflichtgetreue Durchschnittsbeamter; Beamter ist zu einer eigenen sorgfältigen Prüfung verpflichtet
IV.Schaden
Ersetzt werden alle Schadenspositionen, einschließlich des Vermögensschadens
V.Kausalität
Haftungsausfüllender Ursachenzusammenhang zwischen Amtspflichtverletzung und Schaden
VI.Keine anderweitige Ersatzmöglichkeit, § 839 I 2 BGB
1.Fahrlässigkeit des Handelnden
2.Anderweitiger Ersatzanspruch
3.Durchsetzbarkeit und Zumutbarkeit der Durchsetzung
4.Kein Ausschluss des Privilegs
B. Anspruchsausschluss
I.Spruchrichterprivileg, § 839 II 1 BGB
II.unterlassene Rechtsmitteleinlegung, § 839 III BGB
III.Mitverschulden, § 254 BGB
Mitverschulden bedeutet, dass dem Geschädigten kein Anspruch auf Ersatz seines Schadens zustehen soll, als aus seinem Gefahren- und Verantwortungsbereich zusätzliche, für den Eintritt des Schadens erhebliche Ursachen hervorgegangen sind. Das Mitverschulden bemisst sich nach den konkreten Umständen und sorgt auf Rechtsfolgenseite für dessen quotenmäßige Aufteilung.9BGH 63, 189, 194; BGH 56, 163, 170; NJW 1974, 798; I. Ebert in: Erman, BGB, 14. Aufl. 2014, § 254 BGB, Rn. 3.
IV.Verjährung, §§ 195, 199 BGB
Unter der Verjährung versteht man die zeitlich durch Fristablauf eingetretene Unmöglichkeit, einen Anspruch durchzusetzen.10Schulze-BGB/Dörner, 8. Auflage Baden-Baden 2014, § 214 Rn. 2 ff.
C. Anspruchsgegner
Funktionstheorie
Nach der Funktionstheorie ist diejenige Behörde der richtige Anspruchsgegner, deren Hoheitsaufgaben der Handelnde wahrgenommen hat.
11BGH, Urt. v. 05.06.1952, Az.: III ZR 151/51.Anstellungstheorie
Nach der Anstellungstheorie ist diejenige Behörde der Anspruchsgegner, die den Handelnden angestellt hat.
12BGH, Urt. v. 05.06.1952, Az.: III ZR 151/51.Anvertrauenstheorie (h.M.)
Nach der Anvertrauenstheorie ist Hoheitsträger der Anspruchsgegner, der dem Amtswalter die konkrete Tätigkeit, bei der es zur Verletzung der Amtspflicht kam, anvertraut hat.13BGHZ 53, 217, 219; BGHZ 77, 11, 15; BGHZ 99, 326, 330.
D. Rechtsweg
Ordentlicher Rechtsweg nach § 40 Abs. 2 VwGO (abdrängende Sonderzuweisung)
Innerhalb der Zivilgerichtsbarkeit streitwertunabhängig die Landgerichte (§ 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG)
Quellen:
[1] BGH, Urteil vom 14. Oktober 2004 - III ZR 169/04 - BGHZ 161, 6, 10.
[2] Sachs/Bonk Das Grundgesetz, 6. Auflage, München 2011, Art. 34 Rdn. 57; Beck'scher Onlinekommentar-GG/Grzeszick, 19. Edition 2013, Art. 34 Rn. 5; BGH NJW 1992, 2882ff; Zimmerling in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 839 BGB, Rn. 58.
[3] BVerwG, Urteil vom 26.08.2010 - 3 C 35.09; Schmidt am Busch, in: DÖV 2007, 533.
[4] Pautsch in: Pautsch/Hoffmann, VwVfG, 1. Aufl. 2016, § 1 Anwendungsbereich, Rn. 51.
[5] BGH, 21.01.1993 - III ZR 189/91
[6] BGHZ 121, 161.
[7] BGHZ 11, 181, 185; BGHZ 124, 15, 19; BGH NJW 2002, 3172-3174.
[8] Beck'scher Onlinekommentar-BGB/Reinert, 30. Edition, München 01.02.2014, § 839 Rdn. 35; BGH 18, 366, 368; BGH VersR 2009, 396, 397; T. Mayen in: Erman, BGB, 14. Aufl. 2014, § 839 BGB, Rn. 48.
[9] BGH 63, 189, 194; BGH 56, 163, 170; NJW 1974, 798; I. Ebert in: Erman, BGB, 14. Aufl. 2014, § 254 BGB, Rn. 3.
[10] Schulze-BGB/Dörner, 8. Auflage Baden-Baden 2014, § 214 Rn. 2 ff.
[11] BGH, Urt. v. 05.06.1952, Az.: III ZR 151/51.
[12] BGH, Urt. v. 05.06.1952, Az.: III ZR 151/51.
[13] BGHZ 53, 217, 219; BGHZ 77, 11, 15; BGHZ 99, 326, 330.